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Der vorauseilende Gehorsam der Suchmaschinenoptimierer

Eine raffinierte Mutter braucht die Nachkommenschaft nur einmal böse anzusehen und schon beginnen die Kinder auszupacken, was sie in den vergangenen vierundzwanzig Stunden so alles angestellt haben. Dabei setzt sie voll und ganz auf das schlechte Gewissen der Kinder, ohne selbst auszusprechen, was denn nun das mögliche Vergehen gewesen sein könnte. Die Worte „Du hast etwas angestellt, nun erzähl mal“ genügen, dass der Nachwuchs darüber nachzudenken beginnt, was die Mutter denn nun meinen könnte und über genau jene Untat zu berichten beginnt, die das Kind selbst als die vermeintlich schlimmste befindet.

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© Benjamin Thorn / PIXELIO
Eine ähnliche Strategie mag der Marktführer unter den Suchmaschinen verfolgen, wenn er Webmaster anschreibt mit den Worten „Du hast böse Links“. Dann liegt es am Webmaster zu entscheiden, welche Links denn nun seine schlimmsten sein mögen. Ein schlechtes Gewissen hat ohnehin jeder Betreiber von Websites und wenn das bislang noch nicht der Fall gewesen sein mag, dann stellt sich dieses Gefühl spätestens mit dem Erhalt einer solchen Suchmaschinen-Email ein. Die Suchmaschine hingegen kann sich entspannt zurücklehen und beobachten, welche Links denn nun von den Webmastern wieder gelöscht werden. Auf diese Weise ergibt sich eine stattliche Sammlung an vermeintlich „bösen“ Links, die vor allem deshalb „böse“ geworden sind, weil sie von den Webmastern eben genau so eingestuft werden. Warum selbst Kriterien schaffen, nachdenen problematische Backlinks bewertet werden sollen? Das schlechte Gewissen der im Web Agierenden schafft das Ranking für die Negativlinks von ganz alleine.

Im Grunde genommen ist jeder Link, der nach einer Meldung der Suchmaschine wieder verschwindet schon ein Beweis für seine Unrechtmäßigkeit. Denn ein Link ist im Ursprung seiner Definition eine Empfehlung von einem anderen Portal und ein Link, den setzt man sich eigentlich nicht selbst, sondern man bekommt ihn aus fremder Initiative. Ein Backlink, den man selbst wieder löschen kann, ist somit grundsätzlich schon einmal verdächtig. Möglicherweise war er dies vor der Löschung noch nicht.

Jeder Anbieter im Web ist motiviert, auf die eine oder andere Weise Backlinks für seine Website zu bekommen. Keine Suchmaschine kann das komplette Web abstrafen, es sei denn, sie präsentierte künftig anstelle der ersten zehn Suchergebnisse eine komplett weiße Seite. Für jede in den Suchergebnissen zurückgesetzte Website müssen andere Angebote automatisch nach vorne wandern. Manchmal genügt es nach einem kleinen oder größeren Verlust von Suchmaschinenpositionen einfach darauf zu warten, bis es die Mitbewerber in gleicher Weise getroffen hat und alles ist wieder im Lot. Wenn irgendwann angefangen beim Linktausch bis hin zum Eintrag in Internetverzeichnisse jeder Ansatz eines Backlinks von der Suchmaschine verboten sein sollte, dann ist praktisch gesehen auch wieder alles erlaubt. Denn wenn wir alles Sünder sind, dann sind wir in schlechter Gesellschaft eines Tages wiederum in allerbester Gesellschaft.

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